A/B - Vergleich

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Methode zur akustischen Bewertung zweier Anlagen bzw. Komponenten über einen A/B - Vergleich.

Wie finde ich heraus welches Gerät für meine geplante Neuanschaffung das Richtige ist? Wie bewerte ich richtig und worauf muss ich achten? Neben den technischen Aspekten, der Optik und der Haptik muss es einfach gut klingen.
Im Folgenden möchte ich beschreiben wie HiFi – Komponenten, angefangen von Lautsprechern über Vor-/Endstufen bis zu Playern, in einem Hörtest verglichen werden können, welche Methode zum Ziel führt und welche typischen Fehler zu vermeiden sind.

Ich gehe bewusst nicht auf die Beurteilung von HiFi – Komponenten auf Basis von Messergebnissen und / oder Datenblättern ein, da dies schlicht weg nicht möglich ist. Weder für den HiFi – begeisterten Laien noch für Leute mit fundierten Elektronikkenntnissen, da die veröffentlichten Daten von Elektronikkomponenten, egal ob die vom Hersteller oder weiterführende Daten von Fachmagazinen, für die Beurteilung bei weitem nicht ausreichen (mehr dazu unter Endstufen) und auch die detailliertesten Daten von Lautsprechern keinen Rückschluss auf deren Klang zulassen.
Zitat aus einem Text eines bekannten Lautsprecherherstellers:
„Aber selbst wenn verschiedene Boxen nahezu identische (echt nachprüfbare) technische Daten haben, können sie völlig unterschiedlich klingen! Das ist ein Hinweis darauf, dass ein großer Teil der Kriterien, die für den Klang wichtig sind, messtechnisch (noch) nicht erfasst wird.“
Daher beschränke ich meine Ausführungen auf das Messinstrument, das hier am geeignetsten ist: Das Ohr.

 

Vorgehensweise:
Es gibt viele Vorschläge von HiFi – Begeisterten und Verkäufern wie ein A/B – Vergleich durchzuführen ist. Einige Beispiele, die jedem Musikfreund bekannt sein dürften:

1. Musik für 20 – 30 Sekunden anspielen, wechseln, wieder 20 - 30 Sekunden anspielen.
2. Nur Blindtests durchführen. Das heißt, der Hörer weiß nicht welche Komponente gerade läuft. Oder besser doppelblind: Ich weiß nicht einmal ob ich einen Verstärker oder ein Paar Lautsprecher teste. Doppelblind kann auch bedeuten, dass selbst der Testleiter nicht weiß welche Komponente gerade in Betrieb ist um Niemanden beeinflussen zu können.
3. Auf Bässe, Höhen und Mitten achten.
4. Und Vieles mehr.

Solange sich zwei Komponenten nicht eklatant voneinander unterscheiden, wie beim Vergleich eines Billigheimers mit einem hochwertigen Gerät, führt keine der oben genannten Methoden zum Ziel, da sie alle eine starke Verkomplizierung eines grundsätzlich einfachen Vorgangs sind, die von dem was wir eigentlich wollen ablenken. Dem Musikhören. Bevor ich meine Methode beschreibe möchte ich natürlich kurz mein Urteil zu den oben stehenden Techniken erläutern.
Bei Methode
- eins ist die Zeit, um den Charakter der Komponente erkennen zu können viel zu kurz. Weiterhin hat unser Ohr eine Fähigkeit, die ein Vergleichshören im schnellen Wechselrhythmus sicher verhindert. Es ist weit mehr als nur ein technisches Instrument das Frequenzen aufnimmt und dann an ein Auswertewerkzeug (Gehirn) weitergibt. Es ist in der Lage fehlende Informationen einfach hinzuzufügen, wenn sie ihm von Früher (dem vorangegangenen Test) bekannt sind. Somit werden die Fehler / Lücken, die die schlechtere der beiden zu vergleichenden Komponenten verursacht, durch das Gespann aus Gehirn und Ohr einfach wieder aufgefüllt. Wer öfter so getestet hat, dem ist vielleicht  schon aufgefallen, dass beim ersten Wechsel noch relativ große Unterschiede auszumachen waren, die aber im weiteren Verlauf des Tests immer kleiner zu werden scheinen bis man schließlich meint, man habe sich den Unterschied am Anfang wohl nur eingebildet. Dies wird manchmal laienhaft mit dem Satz „Wenn man zu lange das gleiche hört, hört man irgendwann überhaupt nichts mehr“ ausgedrückt.  Das ist zwar eine sehr vereinfachte Form es zu beschreiben, trifft aber im Wesentlichen den Kern.
- zwei: (Diesem Punkt habe ich inzwischen eine ganze
Seite gewidmet.)
- drei: Wie kann ich Bass oder Höhen beurteilen, wenn ich nicht weiß wie viel Bass oder Höhen richtig sind. Ein Lautsprecher beispielsweise, von dem ein kräftiger Bass zu hören ist hat Diesen ja eventuell stark aufgedickt. Wenn ich die Musik nicht gerade selber live aufgespielt habe kann ich auch nicht sagen ob sie jetzt korrekt wiedergegeben wird. (Wollte ich hier pedantisch sein, müsste ich sagen, dass es selbst dann nicht ginge). Auch bringt mich die Konzentration auf markante Stellen nicht weiter. Dadurch kann ich bestenfalls Unterschiede erkennen, aber auf keinen Fall eine Bewertung hinsichtlich besser oder schlechter machen. Das Heraushören bestimmter Details in den Aufnahmen ist generell der falsche Ansatz. Bei zu viel Konzentration auf solche Details geht mir das Verloren worauf es bei Musik ankommt.
Auf Emotion!

Was ist zu tun?
Ich beginne damit ein paar Randbedingungen zu beschreiben, die für einen Vergleich notwendig sind.
- Der Hörraum muss richtig bedämpft sein. Ein halliger, über- oder unterbedämpfter Raum macht praktisch jede Musikwiedergabe kaputt. In den heimischen vier Wänden ein Optimum herzustellen ist sicher nicht einfach. Ein paar grundlegende Dinge kann man aber schon beachten (siehe
Raumakustik). Die Umgebung in den meisten Märkten, mit vielen Lautsprechern in einem Raum, ist für die Bewertung von Anlagen / Komponenten absolut unbrauchbar. Sie entspricht dem Versuch des Bewertens eines Parfüms mit einem Schimmelkäse vor sich auf dem Tisch. Am besten steht nur ein Paar Lautsprecher im Hörraum. Jedes weitere Paar beeinflusst den Klang, unabhängig davon ob es angeschlossen ist oder nicht. Die für sein Gehäuse typischen Resonanzschwingungen beeinträchtigen die Wiedergabe des gerade spielenden Lautsprechers. Weiterhin kann der innen stehende Lautsprecher, aus einer Reihe von Testkandidaten, die räumliche Abbildung eines weiter außen positionierten LS - Paares völlig zerstören.
- In der richtigen Lautstärke hören.
Eine oft geäußerte These: „Ein guter LS spielt auch leise gut. Wenn ich erst richtig laut machen muss damit er sich nach was anhört, dann taugt er nichts.“
Ich beginne mit meinen Überlegungen im Studio. Der Tontechniker sitzt vor seinen Monitoren und mischt die Musik ab. Das heißt, er entscheidet ob viel oder wenig Bass, kräftige oder dezente Mitten usw. zu hören sind. Dies macht er bei einer Lautstärke die praktisch immer im Bereich Zimmerlautstärke und darüber liegt. Niemals richtig leise. Der Höreindruck bezüglich der abgemischten Frequenzen bezieht sich also auf genau diese Lautstärke. Höre ich die Aufnahme jetzt deutlich leiser ab, so kommt wieder eine Eigenheit unserer Ohren zum Tragen. Diese arbeiten nämlich (in mehrer Hinsicht) nicht linear, sondern sind für unterschiedliche Frequenzen unterschiedlich empfindlich. Vor allem die tieferen Frequenzen werden beim leiser machen, durch unser Ohr überdurchschnittlich reduziert. Ein LS der jetzt auch leise gespielt einen vollen und satten Tiefbass zeigt, hat diese Eigenheit unserer Ohren kompensiert indem er hier zu stark aufträgt. Da der Arbeitsbereich der Chassis begrenzt ist, kann ich davon ausgehen, dass der LS bei höheren Pegeln stark verzerren, oder den Bass weiter aufblähen, wird. Dadurch wird die Eingangsthese nicht völlig falsch, lässt aber oft ein billiges und schlechteres Produkt, zumindest bei geringen Lautstärken, besser aussehen als es wirklich ist.
Die optimale Abhörlautstärke sehe ich bei gehobener Zimmerlausstärke. Dies gilt auch für das Bewerten anderer Komponenten.
- Ich als Hörer muss gerade Spaß an der Sache haben. Wenn ich den Test unter Zeitdruck, müde, genervt oder weil es zu einem anderen Zeitpunkt nicht geht durchführe, kann ich es gleich lassen. Die Gemütsverfassung ist ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Hörempfinden.
- Zum Testhören braucht man Ruhe und Entspannung. Keine Leute im Raum, die sich unterhalten oder sich mit irgendwelchen anderen Dingen beschäftigen.
- Das richtige Musikmaterial auswählen. Nicht nur möglichst gute Aufnahmen verwenden, sondern ganz bewusst auch weniger perfekte. Mit einer Spitzenaufnahme klingt auch eine weniger gute Anlage nicht schlecht. Aus nicht so perfekten Aufnahmen, ich bevorzuge alte Live – Mitschnitte, die eventuell leicht rauschen aber  sonst noch keine digitalen „Optimierungen“  (Ja. Ich halte 90% +x aller modernen Aufnahmen für schlechter als das was zu Beginn der HiFi – Ära produziert wurde. Damals hat man mit Lowtech aber mit viel Mühe und Aufwand gearbeitet, gegenüber heute wo Hightech verwendet wird, um, statt die Qualität zu verbessern, die Produktionskosten zu senken. Ganz persönlicher Eindruck auf Basis von 25 Jahren HiFi – Begeisterung und Medien aus dieser Zeitspanne) erfahren haben, macht eine wirklich gute Anlage ein nervenkitzelndes Erlebnis. Die oftmals angeführte These „Gute Anlagen zeigen an guten Aufnahmen was sie können und decken Fehler in schlechten Aufnahmen gnadenlos auf, indem sie sie noch schlechter erscheinen lassen“ ist schlichtweg falsch!

Wie muss dann ein richtiger Test aussehen?
Ein richtiger Test einer Anlage oder Komponente ist einfacher als viele glauben (und damit wieder schwierig weil die meisten nicht glauben, dass diese Methode reproduzierbare Ergebnisse liefert). Ich mache genau das, was ich auch auf einem Live – Konzert machen würde: Ich konzentriere mich auf gar nichts (und genau das ist bei dem Test das Schwierige!), ich höre einfach nur Musik. Bewegt mich diese Musik? Macht es Spaß zuzuhören? Möchte ich am liebsten mitschnippen oder mit dem Fuß wippen? Löst die Musik bei mir Emotionen aus, wie es ein Live – Konzert auch tun würde?
Das sind die Dinge, die eine gute Anlage können muss und die sie von einem Radiowecker unterscheidet. Solange man sich auf Details konzentriert kann auch eine mittelmäßige Anlage begeistern. Begeisterung über ein paar satte Bassimpulse, über ein durchdringendes Gitarrensolo oder einen deutlich hörbaren Atemzug eines Sängers / Sängerin kann auch eine Durchschnittsanlage auslösen. Doch oft endet die Freude am Musikhören mit dem Ende der Konzentration auf Einzelheiten. Eine wirklich gute Anlage / Komponente begeistert dadurch, dass ich vergesse dass sie da ist.  Dass die Freude an der Musik jede Analyse unterbindet. Das einzige das zu bewerten bleibt ist: Wie viel Spaß hat mir das Zuhören gemacht? Wenn ich nach 10 Minuten Hören aufstehe und einfach nur denke „WOW“, dann ist die Anlage gut.
Es braucht seine Zeit um den Charakter einer Komponente zu erfassen. Vor dem Wechseln sollte man sich auf die Komponente einhören. Dafür muss man mehrere Minuten aufbringen. Mindestens fünf. 15 sind besser. Der Anderen muss dann mindestens die gleiche Zeit gegeben werden! Aufgrund der oben beschriebenen Fähigkeit unserer Ohren sich Informationen zu „merken“ muss das Programmmaterial öfter gewechselt werden. Das Testhören muss, abhängig von Hörerfahrung und „Schulung“ über mehrere Wochen wiederholt werden. Optimalerweise bindet man die zu bewertenden Komponenten bei späteren Hörtests in andere Wiedergabeketten ein, da man ja nie nur ein Gerät alleine hört. Geübte Hörer können diesen Zeitraum auf Tage verkürzen. Nur sehr (sehr!) wenige, erfahrene Hörer, können die Qualität einer Komponente, im Vergleich zu einer Anderen, innerhalb einer Hörsession beurteilen.  Um beurteilen zu können welche Komponente besser ist, ist viel Übung nötig. Doch zum Erstaunen Vieler, ist Jeder in der Lage Unterschiede zu hören. Egal ob eine 1000 Euro Anlage mit einer 10000 Euro Anlage verglichen wird oder eine Anlage / Komponente in der jeweils gleichen Preisklasse. Auch Feinheiten zwischen zwei hochwertigen Geräten, zwei CD – Playern, Vor- oder Endstufen sind, sofern nicht die oben genannten Fehler gemacht werden, von Jedermann auszumachen.

Warum?
Jede Komponente verursacht Fehler in der Wiedergabe. Manche mehr, manche weniger. Manche bauartbedingt mehr als andere. Die Verfälschungen durch einen Lautsprecher werden sicherlich um Vieles größer sein als durch eine Endstufe oder einen CD – Player. Ein analytisches Suchen nach Wiedergabefehlern beim Probehören ist dabei vollkommen sinnlos, da die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten nicht bekannt sind und man ja nicht weiß was auf der Quelle (z.B. einer CD) drauf ist. Jedoch ist unser Ohr sehr empfindlich für Störungen.
Beispiel: Ich spiele ein wenig Gitarre. Spiele ich einen Akkord bei dem eine der sechs gleichzeitig angeschlagenen Saiten lediglich um einen Halbton nicht stimmt, so wird das Jeder hören. Dafür braucht es keine besondere Musikalität oder Begabung. Dafür muss Niemand wissen wie sich der Akkord richtig anhört. Jeder wird wissen, dass es so jedenfalls nicht stimmt. Auch wenn wir es nicht wie ein Messgerät in Zahlen und Werten ausdrücken können, spüren wir, wenn die Wiedergabe nicht sauber ist. Selbst wenn wir (natürlich) nicht mehr die Ohren eines 5-Jährigen haben sondern die Ohren eines 50-Jährigen, mit all den damit verbundenen Einschränkungen, können wir es hören! In einem von mir, im Bereich Raumakustik verlinkten Artikel steht, dass wenn unser Auge so leistungsfähig wäre wie unser Ohr, wir von der Erde aus eine Zeitung auf dem Mond lesen könnten. Wir müssen dieser Leistungsfähigkeit nur vertrauen.

Diese Methode verlangt, wie jede andere Leistung, sportlich oder geistig, Übung.

 

 

 

Werner Konrad

 

 

Artikel überarbeitet
am: 20.11.2006